Tristan und Isolde
Die Sage
Der deutsche Prosaroman
Einleitung
Die Mutter unsers deutschen Prosaromans ist das alte Gedicht des Eilhart von Oberg (1189 – 1207, eines niedersächsischen Edlen vom Hildesheimischen Dorfe Oberg. Er war es, der die Tristansage in Deutschland recht einheimisch machte, ihren Boden erweiterte und ihre Verbreitung im Norden vermittelte (schon im 13. Jahrhundert, 1226, wurde auf Befehl Königs Hakon von Norwegen durch den Mönch Robert die Tristanerzählung in altnordischer Sprache prosaisch bearbeitet), während seine eigene Quelle ein nicht mehr vorhandenes altes normännisch-englisches Gedicht sein mag. Sein Gedicht selbst aber ist nicht vollständig, wohl auch nicht ganz in der ursprünglichen Gestalt, vielmehr in Ueberarbeitungen uns erhalten.
Bereits im 15. Jahrhundert wurde Eilhart´s Gedicht in Prosa aufgelöst, zum populären Ritterroman, zum Volksbuche gemacht, dessen Verfasser sich selbst als einen „Unbekannten“ bezeichnet mit dem Bemerken, er habe für die den gereimten Büchern abholden und solcher Kunst unkundigen Leute das Gedicht in diese Form gebracht. Ein „Meister von Britanien“, sagt er, „habe diese Geschichte zuerst geschrieben, dann sein Buch einem Eilhart von Oberg geliehen, der es in Reime gebracht. Jenen britanischen Meister nennt eine der Münchener Handschrift von Gottfried´s Tristan gleich zu Anfang (innere Deckelseite) beigefügte Anmerkung „Thomas“. „Von dieser histori hat von erst geschriben der meister Tohumas von Brittania, und nachmals einem sein Buch gelichen, mit namen Dilhart von Oberet, der hatt es darnach Inn Reymen geschriben.“
Der älteste bekannte Druck des Prosabuchs ist von 1498 (Augsburg). Später wurde es der großen Romansammlung „Buch der Liebe“ (Frankfurt 1587, Erfurt 1619, Nürnberg 1664) einverleibt. Und so diente dies Buch von Tristan auch unserm alten Dichter Hans Sachs, dem nichts Volksthümliches entging, im Jahre 1553 als Grundlage eines Dramas. – Aus dem unsrigen ist das viel spätere dänische Volksbuch von Tristan entsprungen, obwohl es manche Abweichungen von ihm darbietet.
Ein unterscheidendes Merkmal unsers deutschen Romans gegenüber dem französischen beruht darin, daß er keine Beziehungen des Helden zum Gral kennt und den Faden zwischen Artus und Tristan nur sehr lose und flüchtig knüpft. Gottfried erkennt diese Verhältnisse überhaupt nicht an, und nur der eine der älteren Fortsetzer Gottfried´s, Heinrich von Freiberg, kehrt zum Artuskreise zurück. Die in jenem fremden Volksbuche durch die Verbindung der Artussage mit der Tristansage gehäufte, zuweilen verwirrende Fülle des Stoffes weicht in unserm Buche einer einheitlicheren Fassung und Haltung. Der Drang oder die Sucht der ausländischen Dichtung, die Abenteuer und Thaten unsers Helden in die bunteste romantische Färbung zu kleiden, sie zu heben, alle ritterlichen Tugenden in erdenklichster Steigerung auf sein Haupt zu häufen, mag jene Verbindung mit dem brittischen Lieblingshelden Artus wesentlich veranlaßt haben. Diese Verbindung bezeugt aber auch die Berühmtheit der Tristansage. Die deutsche Tristanerscheinung beruht auf sich selbst; sie bedarf der Hinzutragung äußerer glänzender Beziehungen, fremder Hülfe nicht, um ein ganzer Mensch und Held zu sein. Artus und die Tafelrunde sammt dem Gral bestehen für sich, ohne Tristanßs zu bedürfen; er besteht für sich und hat sie nicht zu vermissen. Das ächt Menschliche in seiner Größe und Schwäche, thatenreiches Walten, Glanz und Ruhm leuchten uns in unserm Tristan reiner, naiver entgegen. Sein Bild trägt die Züge der Ursprünglichkeit, der Natürlichkeit und Klarheit, ohne alle Zuthaten, in einfacher Schöne.
Der Inhalt unsers Volksbuchs – „eine wunderbarliche und fast lustige Historie von Herrn Tristanen und der schönen Isalden, eines Königs aus Irland Tochter, was sie vor große Freude mit einander gehabt haben und wie dieselbe Freude gar trauriglich zu einem Ende vollbracht ward: sehr lieblich zu lesen“ – diesen Inhalt anders, als im kürzesten Umriß zu geben, kann selbstredend hier nicht Zweck sein.
Tristan´s Geburt
Tristan’s Eltern sind Ribalin und Blancheflor (Weißblume): er König von Johnois (Lohnois), der dem durch den König von Schottland hart bedrängten Marks (March), König von Curnewal, zu Hülfe kommt; sie des Mark’s Schwester. Beide lieben sich heimlich. Marks vermählt die Schwester dem Freunde Ribalin. Auf der Seefahrt der Gatten nach Ribalin’s Heimat wird Blancheflor von einem Knaben entbunden, doch so, daß ihr das Kind aus dem Leibe geschnitten wird und sie stirbt. „Dasselbe Kind wuchs heran und ward ein männlicher, theurer Held, genannt Tristan.“ Um andere Lande und Sitten zu sehen, erbittet Tristan auf Rath seines Erziehers Curnewal (Curwenal) vom Vater Urlaub und zieht mit seinem Meister Curwenal und einem kleinen Gefolge von dannen, über das Meer gen Curnewal. Unbekannt langt er bei Marks an und wird von diesem in sein Hofgesinde aufgenommen, der Pflege des Truchseß, Herzogs Thinas, anbefohlen und durch Tugend und Frömmigkeit Allen lieb und werth.
Morholt
Zu der Zeit kam Morhold, Schwager des Königs von Irland, ein sehr starker Mann mit vier Mannes Stärke, sammt einem Heere nach Curnewal, um den seit fünfzehn Jahren nicht entrichteten Zins an Irland von Marks zu holen, und zwar alle jungen Leute unter fünfzehn Jahren. Tristan faßt den Entschluß, den von Morhold angebotenen Zweikampf um den Zins selbst zu bestehen, wird von Marks zum Ritter geschlagen, und, nachdem er diesem dann seine Herkunft entdeckt und seinen Wunsch ausgedrückt hat, zum Kampf, obwohl mit Widerstreben, gelassen.
Gerüstet geht Tristan zu Schiff und fährt nach dem Werder. Morhold kommt ihm entgegengefahren und heftet sein Schiff an, aber Tristan stößt das seine fern hindann, da nur Einer von Beiden davon kommen werde. Morhold räth dem Jünglinge ab vom Kampfe, der will ihn aber nur dann aufgeben, wenn Morhold vom Zins abstehe, was dieser weigert. Der Kampf entbrennt, Morhold unterliegt, Tristan schlägt ihm eine Hand ab und eine Wunde durch den Helm, daß er todt niederfällt, mit einem Stücke vom Schwerte Tristan´s im Haupte.
(„Er nahm das Schwert und gab es da
in seine beiden Hände:
Er schlug, das war das Ende,
Das Haupt ihm mit der Kuppen ab“
sagt Gottfried von Straßburg).
Mit Freude werden Tristan, mit Trauer Morhold von den Ihrigen heimgeholt. Die Mannen Morhold´s senden zur schönen Isalde, des Königs von Irland Tochter, der Berühmtesten des Landes in der Arzneikunst, sie findet aber den Oheim todt; in seiner Wunde gewahrt sie ein Stück aus Tristan´s Schwerte, zeigt es allem Volke und bewahrt es auf. Der König von Irland aber gebietet seinem Volke „wer aus dem Lande Curnewal in seine Lande käme, deren sollte man Keinen lebendig lassen, sondern an den Galgen henken“.
Verwundung Tristan´s
Tristan ist von Morhold´s vergifteten Waffen schwer wund; kein Arzt in Curnewal konnte ihn heilen. Er läßt sich, da seine Wunden faulen und Niemand außer Marks, Thinas und Curwenal bei ihm bleiben will, ein Häuslein an die See machen, darin er allein wäre und seines Endes warte. Jung und behender Sinne entschließt er sich jedoch, auf die See zu fahren, ob ihn das Glück irgend wohin brächte, wo ihm geholfen würde. Mit großer Klage wird er in ein Schifflein getragen, nachdem er Curwenal gebeten, seiner ein Jahr zu warten; kehre er in der Zeit nicht zurück, heim zu ziehen nach Lohnois und dort seine Stelle einzunehmen. Er fährt nun von dannen ohne alle Hülfe, nicht wissend wohin. Die Winde treiben ihn geradeswegs gen Irland.
Der König, der am Ufer wandelt, läßt den todtwunden Mann in ein Haus tragen, darin seiner zu pflegen. Tristan giebt sich für einen Spielmann Pro aus Segnicest und als auf dem Meere beraubt und verwundet aus. Der König schickt zu seiner Tochter und die heilt den Kranken ungesehens in wenig Tagen. Da eine Hungersnoth in Irland eingerissen war, weil die Schiffe von Curnewal nicht mehr dahin fahren durften, sendet der König Tristan auf dessen Rath mit Schiffen gen Engelland, Speise zu bestellen. Er vollführt den Auftrag, schickt die Ladung dem König, er selbst aber fährt nach Curnewal zu seinem Ohm in die Stadt Thintariol, wo er mit großen Freuden, Ehren und Würden empfangen wird.
Brautfahrt
Als die Großen des Hofes und Tristan in Marks dringen, sich zu vermählen, was nicht nach seinem Sinne, da er Tristan zum Erben seines Reichs haben will, zeigt er ihnen ein schönes langes Frauenhaar, das zwei in der Luft sich streitende Schwalben zu seinen Füßen herabfallen ließen. „Ich habe“, sagte er, um der Zudringlichkeit seiner Leute auszuweichen, „hier einer Frauen Haar; so ihr mir die gebt, die will ich nehmen und nicht widersprechen; aber ich will sonst keine andere, dieweil ich lebe.“ Tristan nimmt das Haar, die Frau damit aufzusuchen, (Gottfried von Straßburg findet das in seinem Gedichte sehr lächerlich) und bricht mit hundert Rittern auf.
Das Schiff wird an Irlands Strand geworfen zum Schrecken der Mannschaft. Als der Marschalk des Königs zum Schiffe kam, sie enthaupten zu lassen, läßt Tristan dem König verkünden: „Ich bin geheißen Tantris, und sind meiner Gesellen zwölf Kaufleute aus Engelland; wir haben sagen hören, wie großer Hunger in diesem Königreiche sei; da verkauften wir alle unsere Habe und legten sie an Speise, damit luden wir zwölf Schiffe und hofften dadurch alle reich zu werden: da begegneten uns Leute auf dem Meer, denen man stark nachjagte, die sagten uns, wenn wir her kämen, so hätten wir gewißlich das Leben verloren. Als wir das hörten, begunnten wir uns zu beklagen, und nicht unbillig, des großen Schadens halb, den wir an unseren Gütern nehmen würden, wenn wir nicht herführen; führen wir aber hierher, so hätten wir Gut und Leben mit einander verloren. Hierauf gingen wir zu Rath und warfen das Loos unter uns: auf welchen es fiele, der sollte hierher fahren und besehen, ob dem also wäre, wie uns gesagt worden. Also fiel das Loos auf mich Armen, meine Gesellen aber sind noch auf dem Meer.“
Kampf mit dem Drachen
Während die betrübten Gefangenen ihres Schicksals harren, bringt ein Mann ihnen die Kunde von einem „großen und grausamen“ Drachen, der das Land verheere, und wie der König Dem, der den Drachen erschlüge, seine Tochter geben wolle. Da Tristan solche Dinge hörte, wappnete er sich und ritt gegen die Noth, denn er war „ein kühner, unverzagter Held“. „Er hielt sich in einem Grunde und wartete, bis der grausame Wurm neben ihn kam; da zerstach er zuerst seinen Speer auf ihn und ehe der Schaft zerbrach, hatt´ er schon sein scharfes Schwert in der Hand und schlug mit ganzen Kräften so lang auf ihn, bis er mit großer Arbeit und Mannheit zuletzt den Sieg an ihm gewann. Aber der Drache verbrannte das Pferd unter ihm und er mußte zu Fuß fechten. Als er nun den Drachen erschlagen hatte, schnitt er ihm die Zung´ aus dem Rachen und trug sie mit sich hinweg. Es hatt´ ihn aber der grausame Wurm also mit Feuer angeworfen, daß er in dem Feuer schier verbrannt war; da sah er ein Moor vor sich, darein ging er und wollte sich erkühlen, daß er in dem Harnisch nicht verbränne. Als er darein kam, da ward ihm der Harnisch aller kohlschwarz, ohn´ allein der Halskragen, der war gülden. Da er das sah, ging er ein wenig fürbaß; da fand er einen lautern Brunnen, darinnen er sich allererst erkühlet und legte sich um Ruhe willen zu dem Brunnen, und lag also daselbst gar nahe unversonnen (fast ohne Besinnung).“
Der Truchseß, der den Drachen hatte bekämpfen wollen, aber mit seinen Leuten vor ihm geflohen war, ritt mit ihnen an die Stelle des Kampfes und schnitt dem Wurm das Haupt ab. Er berühmte sich nun der Tath und begehrte Isalde zur Frau. – Tristan, der von Isalde und ihrer Gefährtin Brangele in seinem Versteck aufgefunden und in die Stadt gebracht worden, macht ihm durch das Zeugniß der dem Drachen ausgeschnittenen Zunge zu Schanden. Isalde hatte dem erschöpften Helden ein Bad bereiten lassen, darin er wieder zu Kräften gekommen. An dem Haare erkannte er sie als die, so er suchte, sie aber ihn an der Scharte seines Schwertes als den Mörder ihres Ohms. Durch Brangele wird sie mit ihm ausgesöhnt. „Sie stellet´ ihren Zorn ab von ihm und hieß Kleider bringen; als er aber bekleidet war, ward er ihren Augen so gefällig, daß alle Klagen, so sie vor gehabt hatte, vergessen wurden. Denn es geschieht oft, daß weibliches Gemüth durch schöne Gestalt und hübsche Geberde von Zorn in Gütigkeit und Sanftmüthigkeit gewandelt wird: also geschah auch an Frau Isalden. Sie umfing Herr Tristanden freundlich, küsset´ ihn lieblich an seinen Mund und vergaß aller Feindschaft und Haß.“
Der Liebestrank
Der Drachentödter Tristan begehrt nun, statt für sich, für König Marks Isalde´s Hand, erhält sie zugesagt und führt die Braut hinweg. Unterwegs auf dem Schiffe das Ereigniß des Liebestranks. Marks empfängt die Ankömmlinge in Thintariol. Hochzeitfeier und Beilager, Mordversuch gegen Brangele wie in der französischen Erzählung, nur daß in Brangele´s Räthsel an die Stelle der Lilie dort das Hemd hier tritt. Das stille Liebesglück Tristan´s und Isalde´s wird durch den Verrath des Herzogs Auctrat, eines Vetters Tristan´s, an den König getrübt. Marks weist die Auflage zurück, überzeugt sich indeß bald selbst und verbannt Tristan.
Die Liebenden erkranken vor Herzeleid, kommen durch Brangele´s Vermittelung in dem Baumgarten dicht an der Königin Kammer mitternächtig zusammen; Auctrat, „der Fürst der Hinterlist“, zieht ein Zwerglein (Melot), das künftige Dinge am Gestirn sehen kann, zu Rathe, Tristan zu schaden; „der böse Teufel, das Zwerglein“, räth dem König, in den Wald jagen zu reiten zum Schein und zurückzukehren. Auf einer Linde belauschen König und Zwerg beim Mondenschein, wie Tristan, verabredetermaßen, das Zeichen seiner Gegenwart: einen Holzspan mit gemaltem Kreuze darauf, in den Brunnen wirft, der durch Isalde´s Kammer fließt. Tristan gewahrt den Schatten der Beiden in dem Wasser und giebt sich verloren. Isalde erscheint bei dem „allerliebsten Freunde“, nimmt die Lauscher ebenfalls wahr und das schlaue Liebespaar täuscht sie, sintemalen Isalde die Scheinbitte Tristan´s, weshalb er sie zum Kommen bewogen, ihm zur Huld seines Herrn wieder zu verhelfen, zurückweist und in verstelltem Zorn von ihm scheidet. Der König zückt gegen den falschen Zwerg das Schwert; der aber entkommt. Der König bittet zuerst – erfolglos – die Königin, dann Brangele, den verkannten Tristan wieder an den Hof zu bringen, was dann auch durch diese geschieht. Er empfängt Tristan freudig und ordnet an, daß er hinfort in seiner Kammer selbst wohnen, auch bei der Königin sein solle, so oft es ihm gefalle.
Verrat
Die Neider, Auctrat, sein Anhang und das Männlein, sinnen auf neuen Verrath. Um den König zu überzeugen, bestreicht der Zwerg das Estrich zwischen den Lagern Tristan´s und Isalde´s mit Mehl. Tristan, der das Mehl gewahrt, springt von seinem Bett in das andere, aber so gewaltig, daß er sich eine seiner Wunden aufreißt und die Königin mit ihm voll Blutes wird. Beide werden zum Tode verurteilt; Tristan entspringt aus einer Kapelle, in die man ihn auf sein Bitten gebracht. Die Königin soll den Feuertod erleiden, wird aber zu schimpflicherem Tode einem aussätzigen Herzog übergeben. Tristan entreißt ihm die Geliebte und eilt mit ihr und dem treuen Curwenal in einen Wald. Dort verweilen sie fast zwei Jahre, nähren sich von den Früchten und den Thieren des Waldes, aber „die Liebe machte ihnen alles süß und gut“. Des Nachts legt Tristan sein bloßes Schwert auf das Lager zwischen sie Beide. So werden sie von Marks eines frühen Morgens gefunden; er legt seinen Handschuh auf die Frau, sein Schwert an die Stelle dessen von Tristan und entfernt sich.
Das entdeckte Paar flieht in Curwenal´s Begleitung. Nach weiterem Beieinandersein, vier Jahre seit dem Liebestranke, begeben sie sich zu dem Priester Ugrim, Mark´s Beichtvater, Buße zu empfangen. In einem Briefe bittet Ugrim den König, seine Frau wieder zu nehmen. Tristan führt sie dem Gemahl zu, der sie aufnimmt, ihn aber des Landes verweist. „Er ritt hinweg, aber sein Herz und Gemüth ließ er bei der Königin, desgleichen sie auch wiederum ihres bei ihm.“
Bei Artus
Tristan begiebt sich gen Britannia an Königs Artus Hof, wird von diesem und der Ritterschaft der Tafelrunde gar lieb und werth gehalten und erhält eine der höchsten Stätten an der Tafelrunde. Durch Vermittelung seines Freundes Balbon an Artus´ Hofe sieht er bei einem Besuche, den dieser mit ihm und dem übrigen Gefolge dem benachbarten Marks in Thintariol abstattet, dem dortigen Hofe unerkannt, Isalde wieder mit dem nächtigen Abenteuer der Wolfseisen.
Die andere Isalde
Auf seiner Fahrt von Artus weg gelangt Tristan in das verwüstete Land des von seinem eigenen Volke befehdeten und eingeschlossenen Königs Haubalin (Jovelin) von Careches, wird von diesem und seinem Sohne Caynis (Kaedin) gastlich aufgenommen, sieht die Tochter des Königs, „Isalde“, wie seine Geliebte geheißen, bekämpft und besiegt dessen Feind Riolin von Mautis, das Haupt der Empörung, und gewinnt dem König sein Land wieder, Isalden aber empfängt er zum Ehegemahl, ohne sie zum Eheweib zu machen, denn sein Herz ist bei seiner Isalde in Curnewal. Als Caynis ihn darob zur Rede setzt, erwidert Tristan, eine Königin (seine blonde Isalde) liebe ihn um so viel mehr als seine anscheinende Frau, daß sie einen Hund (den er ihr einst geschenkt) um seinetwillen besser halte, als Caynis´ Schwester ihn. Deß´ möge er sich mit ihm selbst überzeugen. Beide fahren darauf nach Curnewal, und hier nimmt Caynis, als sich die Königin durch des Herzogs Thinas Vermittelung mit Tristan im Forst verabredetermaßen begegnet, wahr, daß sie seine Schwester wie an lieblichem Benehmen gegen Tristan, so an Schönheit und Anmuth übertreffe und sagt den Schwager aller Treue ledig und los.
Nach mehreren Zwischenfällen – Vereinigung mit der Geliebten, Verkennung ihrerseits, Abweisung, als er in Gestalt eines Aussätzigen zu ihr kommt – eilt er mit Caynis nach Careches zurück. Die Königin von Curnewal läßt reumüthig durch einen Sendboten wieder um seine Huld werben. In Pilgerkleidung kehrt er zu ihr zurück, freut sich mit ihr der neuen Bereinigung und fährt dann heim zu seiner Gattin und ihren Eltern.
Erneute Verwundung und Tod Tristan´s
Auf die Kunde von seines Vaters Ribalin Tod und als Curwenal sein Anerbieten, das Reich Lohnois zu eigen zu nehmen, abgelehnt, entschließt sich Tristan zur Rückkehr in sein Vaterland, um die aufsässigen Fürsten zu bändigen und die Herrschaft zu ordnen, nicht ohne vorher mit seiner geliebten Isalde noch einer geheimen Zusammenkunft zu pflegen und der von Auctrat drohenden Entdeckungsgefahr glücklich zu entgehen. Nach Schlichtung des Unfriedens fährt er zurück nach Careches, wo inzwischen Caynis seinem Vater in der Regierung gefolgt ist. Der wiederum aufständische Riolin wird abermals bezwungen. Beim Sturm auf die letzte noch Widerstand leistende Stadt erhält Tristan durch einen Steinwurf schwere Verletzung. Durch seine Krankheit hatte er „seiner Schöne gar viel verloren und wer ihn zuvor gekannt, dem war er unbekannt geworden.“ Auf den Rath eines aus seinem Reiche Lohnois mitgebrachten ihm befreundeten Knaben entschließt er sich, als Narr verkleidet seine Isalde in Curnewal aufzusuchen. Er spielt seine Rolle so schön, daß König Marks ihn zur Kurzweil an seinen Hof zieht und ihn zu seiner Frau führt. Er giebt sich Isalden heimlich zu erkennen und Beide freuen sich des erneueten Liebesglücks. Abermals von Lauschern ausgespäht, trennt sich das Paar „mit großer herzlicher Klage, mit viel kläglichen und freundlichen Worten und Gebärden“, nachdem sie sich Treue gelobt und Tristan von ihr begehrt hatte: „Wenn meine Boten zu euch kommen und euch diesen Ring zeigen, so thut heimlich, was ich euch bitten lasse.“ Tristan kommt in seiner Narrenkappe mit gutem Frieden heim nach Careches.
Bei der Rückkehr von einer Fahrt, welche Caynis zu seiner Geliebten Gardeloie (Kassie), der Frau des benachbarten Königs Nampezenis (Nampotenis), in Begleitung Tristan´s gemacht, wird Caynis von dem erzürnten Ehemann – der, von einer Ausfahrt zurückgekehrend, an dem in den Burggraben gewehten Hute des Caynis und an den von Tristan zur Kurzweil in die Wand eines Burggemaches geschossenen Reisern die Besuchenden erkannt hatte – erschlagen, Tristan aber mit einem vergifteten Speer von ihm hart verwundet. Der Schmerz der Gattin, zu welcher Tristan gebracht wird, ist groß, die Hülfe der Aerzte vergebens. Tristan, der Heilkünste seiner Isalde in Curnewal eingedenk, sendet einen Boten zu ihr mit dem güldenen Ringe, sie zu holen, das Wahrzeichen des weißen und des schwarzen Segels ihm anbefehlend. Die blonde Isalde naht, seine Gattin verkündet ihm „verkündet ihm ohne Arg und Uebel“ zum Scherz das schwarze Segel. „Er legte sein Haupt nieder auf das Bette, streckte seine Hände und gab schnell seinen Geist auf.“ Isalde stirbt an der Bahre des Geliebten. Tristan´s trauernde Gattin läßt die Leichen beide in einen köstlichen und herrlichen Sarg legen.
Mark´s Reue
Da König Marks die leidigen Mären und dabei die Bewandniß des Minnetranks vernommen, „ward seine Klage wohl zehenfältig mehr denn zuvor und er sprach: Das sei Gott vom Himmel geklagt, daß ich das nicht längst oder von Anfang gewußt: ich hätte, auf meine Wahrheit, meine liebste Königin Isalde meinem Neffen immer gern insgeheim gelassen und ihm zu Liebe behalten, auf daß er allwegen mit ihr und bei mir gewesen wäre. Da ich ihn aber vertrieben habe, das muß mich immer reuen. Ach wehe mir, daß ich sie Beide je gesehen habe! O weh, herzlieber Neffe Tristan, wie ist das so eine große Thorheit an dir gewesen, daß du mir nicht gesagt hast von dem unseligen Getränk! O weh, meine allerliebste Frau, o meine Königin! Nun ließ´ ich euch Beiden williglich und gern Land und Leute, , mein Königreich und Alles, was ich habe, daß ihr gesund und bei Leben sein solltet und wollte ich darum mein´ Lebtage arm sein und kein Eigenthum mehr haben.“
Er rüstete sich alsbald und fuhr selber nach den todten Leichnamen über die See. Als er nun dahin kam, ward die Klage dem König und auch der Königin von Careches wiederum erneuert. Er machet´ einen behenden Abschied, nahm diese zween todten Leichnam´ und führte sie mit ihm zu Lande. Er ließ sie gar herrlich, auch mit großer Klag´ und Jammer in ein Grab zusammen legen: das war gar köstlich gehauen in einen Marmelstein. Und als diese Historie saget, so ließ der König auf Herrn Tristan´s todten Leichnam eine Weinrebe setzen und auf der Frauen Isalden Leichnam einen Rosenstock: diese beiden Ranken wuchsen zusammen, daß man sie mit keinen Dingen von einander bringen mochte. Man saget aber, es geschah aus Wirkung des unseligen Trankes.“